36 Stunden lang, unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkrieges, taumelt man euphorisiert und schlaftrunken durch Wiens Gassen. Die Sogwirkung des Romans ist enorm und neben der bildhaften Beschreibung Wiens 1914 mit seinen zwei Millionen Einwohnern und unzähligen Sprachen, den Kaffeehäusern, dem Untergrund, den schmutzigen Vororten, der Armut, dem Faible für Séancen und dem Okkulten, dem Hype der Psychoanalyse und mittendrin man selbst an der Hand von Hans, dem Tiroler Knecht, Klara, der Mathematikstudentin und Adam, dem adeligen Offiziersanwärter - ein Reigen, ein Gesellschafts - und Bildungsroman der seinesgleichen sucht. Sprachlich überwältigend und außerdem ein Stück Wissenschaftsgeschichte, ist es ein unheimlich großes Vergnügen zu lesen.
Sommerlich und melancholisch schön - Das gefällt uns. "Tildas Tage sind strikt durchgetaktet: studieren, an der Supermarrktkasse sitzen, sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern - und an schlechten Tagen auch um die Mutter. Zu dritt wohnen sie im traurigsten Haus der Fröhlichstraße in einer Kleinstadt, die Tilda hasst. Ihre Freunde sind längst weg, leben in Amsterdam oder Berlin, nur Tilda ist geblieben. Eines Tages aber geraten die Dinge in Bewegung: Tilda bekommt eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt, und es blitzt eine Zukunft auf, die Freiheit verspricht. Und Viktor taucht auf, der - genau wie sie - immer 22 Bahnen schwimmt. Doch als Tilda schon beinahe glaubt, es könnte alles gut werden, gerät die Situation zu Hause vollends außer Kontrolle..."
Mit welchen Rechtfertigungen ein ganzer Kontinent unter so genannten zivilisierten europäischen Nationen aufgeteilt wurde, wieso Maueranlagen, größer als die Chinesische Mauer, einfach verschwunden sind, wieso der Satz "Ein Tor für Afrika!" bei der Fußball-WM einen ganzen Kontinent beleidigt und viele, viele weitere Fragen beantwortet der in Lagos/Nigeria aufgewachsene Autor Dipo Faloyin. Ohne Wehleidigkeit und Sentimentalität widerlegt er Vorurteile und Allgemeinposten gegenüber einem Kontinent, der nach wie vor schwer an seiner kolonialen Geschichte nagt und dennoch in weiten Teilen mit Mut und Zuversicht in die Zukunft blickt und seine große Vielfalt an Nationen und Kulturen als das größte Potential für eine prosperierende Zukunft sieht. Eine unbedingte Empfehlung!
In ihrer kenntnisreichen Kultur- und Sozialgeschichte des Strickens (und Häkelns) wendet sich Katerina Schiná mit immer neu aufblitzendem Humor, auch aus politisch rebellischer Perspektive, den unterschiedlichsten Facetten ihres Gegenstands zu. Dass Stricken, im Zweistromland oder in Ägypten erfunden, zunächst als Männerarbeit galt, erfährt man hier ebenso, sowie, dass das Stricken seinen Status als "kompliziertes" Handwerk erst im Zuge der Industrialisierung verlor. In dem hochwertig gestalteten Buch liest man zudem von strickenden Samurai, den Strickklubs der Suffragetten oder den "Tricoteuses", die während der Französischen Revolution jubelnd und strickend die guillotinierten Köpfe zählten. Natürlich findet auch das Stricken in der Kunst oder unter AktivistInnen hier seinen Platz. Masche für Masche ein Vergnügen!
Bachmannpreisträgerin Birnbacher liefert völlig unsentimental ein nüchternes Gesellschaftsbild. Trotz Kritik an der Leistungsgesellschaft und Nuancen der Antiheimat verliert sich der Text nicht im politisch-kritischen, sondern bietet außerdem Tiefe, Komplexität und Narrativ.
Einen Abend lang wird gegessen, getrunken, geraucht und heiter bis passiv aggressiv diskutiert und parliert. In einem kulinarisches Kammerspiel kommt man der erzählenden Gastgeberin und ihren Gästen so nahe, als würde man selbst mit am Tisch sitzen. Innerliche Rückblenden - vom ersten Salzstreuer bis zur ersten Artischocke - bieten der Leserin in kleinen Häppchen dar, mit wem sie es hier zu tun hat.
Zuzu hat einen neuen Beruf bei einem Putztrupp, der sich in einer japanischen Großstadt um Hinterbliebenes von unbemerkt, alleine Verstorbene kümmert. Für ihre neuen Aufgaben braucht es vor allem viel Geduld, Ehrfurcht und Sorgfalt. Hintergründig geht es um viele Arten von Einsamkeit und Zurückgezogenheit. Die Poesie, die äußerst liebenswerten Figuren und die generelle Zärtlichkeit und Umsicht lassen das Lesen über "die letzten Dinge" fast heiter anmuten.
Milena Michiko Flasar "Oben Erde, unten Himmel" Wagenbach Verlag, € 26,80
Ana Marwan hat uns bis jetzt mit all ihren Texten begeistert und auch in ihrem neuen Roman gelingt ihr das Spiel mit der Leser*in. Ob die Protagonistin Rita, die sich in einem langen Stadium der Metamorphose befindet, in einem Ministerium oder auf der Psychiatrie befindet, ist nicht immer deutlich. Sie konstruiert sich ihre Welt, aus dem, was sie gelesen hat. Mit feiner Ironie und Sprachwitz leitet uns die Autorin durch die verschiedenen Stadien und Dimensionen ihres Entwicklungsromans.
Ana Marwan "Verpuppt", Otto Müller Verlag, € 24,00
Ganz nah kommt die Romanbiografie an die Künstlerin Maria Lassnig heran. Und an die Kunst- und Kulturszene im 20. Jahrhundert. Knapp und klar im Stil, teilweise ruppig, gespickt mit großartigen Formulierungen und sehr gut kontruiert, eröffnet sie uns einen Panoramablick in Lassnigs Kunst und ihre Umgebung.
Schonungsloser Realismus trifft auf psychologische Raffinesse. Es wird die Geschichte eines jungen Vaters erzählt, der mit seinem Sohn in einem Truck lebt - zwischen Trailerpark und Walmart, zwischen Überfluss und Mangel, und um ein besseres Leben kämpft. Jedes Kapitel ist mit dem Geldbetrag überschrieben, der den beiden zum Leben bleibt. Eine rührende Liebesgeschichte und eine leidenschaftliche Abrechnung mit den zerstörerischen Auswüchsen des westlichen Kapitalismus.
Jakob Guanzon "Überfluss", Elster & Salis, € 25,70
Wieder ein Buch für Groß und Kleiner, Älter und Jünger, alle Kunstinteressierten und überhaupt neugierige Menschen. Ein wunderschön, aufwendig gestalteter Band über fast alle Fragen, die mit bildender Kunst zu tun haben. "Was ist Kunst?, Was kann Kunst?, Wer macht Kunst?, Wo ist Kunst zuhause?, Woraus ist Kunst gemacht?, Wie verändert sich Kunst?, Woher wissen wir das?" und viel mehr über Farben, Formen, Geschichte, Techniken. Ab 10 Jahren.
Sigrid Eyb-Green "Kunst!Forschen", Jungbrunnen Verlag, € 25,00
Eine kleine Liguistik für Kinder lässt unsere Herzen höher schlagen! Ziemlich viel, was mit Sprache zu tun hat, wird hier reich illustriert veranschaulicht: Wie wir Wörter verwenden, sammeln, verschriftlichen, Geschichten daraus machen, Bibliotheken dafür bauen, wie wir damit Macht ausüben (können), sie sich verändern, was Computer damit zu tun haben etc etc.
Ein Buch für Kinder ab 8 und alle Erwachsenen.
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Herzlichst, Ihre Grätzlbuchhändlerin!
Die kleine Grätzlbuchhandlung ist eine von fünf Buchhandlungen des Jahres 2021 und die Buchhändlerin ist einfach nur glücklich und dankbar!
Österreichischer
Buchhandlungspreis: Die besten Buchhandlungen 2021 | Hauptverband des Österreichischen Buchhandels, 20.04.2021 (ots.at)
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